Das Leiden, das einem schwerkranken Menschen widerfährt, geht weit über die körperlichen Schmerzen hinaus. Körperliche Schmerzen können mittlerweile gut behandelt und gelindert werden. Aber wie kann ein Mensch das Leid, dass sein bevorstehender Tod, in ihm auslöst, positiv bewältigen? Dieser Frage widmete sich Erich Lehner in seinem Eröffnungsvortrag „Mit Leiden leben – Grenzerfahrung Tod“ am 8. Tiroler Palliativtag, der am 13. April 2013 im Hypocenter in Innsbruck stattfand.
Schmerzen widerfahren immer einem Teil des Körpers: Der Kopf schmerzt, der Unterbauch zwickt oder die Glieder tun weh. Leiden hingegen ist eine Erfahrung, die einer Person als Ganzes – in ihrer seelischen, körperlichen und psychischen Gesamtheit – widerfährt. Diese Erfahrung des Leidens entspringt dem Inneren einer Person – und nur dort kann Heilung entstehen.
Den inneren Heilungsprozess ermöglichen
Der innere Heilungsprozess kann nur aus und durch die Person selbst in Gang gebracht werden. Menschen, die dem Betroffenen in seinem Leiden beistehen, können aber eine Umgebung schaffen, die diese Heilung fördert und möglich macht. Diese helfende Umwelt braucht eine Kombination aus einer effektiven Pflege und einer menschlichen Begleitung. Im Zentrum steht dabei eine stabile und positive Beziehung zwischen Pflegenden und Gepflegten.
Stabile Bindung trägt zur Linderung bei
Beziehung ist in vielen Fällen mit Bindung verbunden, insbesondere in Lebensphasen, die mit großer Abhängigkeit verbunden sind, wie die frühe Kindheit oder das hohe Alter. Diese stabile Bindung gibt dem Menschen die Sicherheit, über sich selbst und seine beängstigende Situation nachzudenken.
Aus dem Nachdenken heraus entwickelt der Sterbende die Kraft und den Mut, sich mit seinen eigenen Gefühlen und Ängsten auseinanderzusetzen. Sie zuzulassen und aus diesem Zulassen heraus, seine Gefühle zu erleben und zu verarbeiten. Dadurch setzt der Betroffene seinen inneren Heilungsprozess in Gang und kann sein Leid besser bewältigen. Leidende Menschen in der Begegnung mit dem Tod sind angewiesen auf Beziehungen, die ihnen eine sichere Bindung gewähren. Eine große Herausforderung für alle die sie professionell oder ehrenamtlich begleiten.
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