„Ich definiere mich als Koch nicht mehr darüber, wie viel gegessen wird, sondern, ob ich die Menschen damit erreiche.“ Früher war Ruprecht Schmidt Küchenchef in einem Nobelrestaurant. Heute kocht er im „Leuchtfeuer“, einem Hamburger Hospiz. Die meisten seiner Gäste haben Krebs im Endstadium.
Ob Steak, Labskaus, Coq au Vin oder eine aufwändige Torte, Ruprecht, der Koch, erfüllt jeden kulinarischen Wunsch. Tagtäglich erlebt er aufs Neue, wie wichtig es den Bewohnern im Hospiz ist, noch einmal ihre Lieblingsgerichte genießen zu können. Kräuter, Gewürze, den individuellen Geschmack zu treffen, ist für den Koch nicht immer leicht. Oft geht es nur um Nuancen, und er braucht mehrere Anläufe.
„Wenn ich es schaffe, ein Essen genau so zu kreieren, wie ein Sterbenskranker sich das vorgestellt hat, kann ich mich jedes Mal aufs Neue darüber freuen.“
Seit der Gründung des Hospizes vor elf Jahren ist Ruprecht Schmidt sein eigener Chef de Cuisine in einem Zuhause für Todkranke. Mitten in St. Pauli bietet das Hospiz Platz für elf Bewohner. Die meisten leben hier nicht länger als ein paar Wochen. In der Eingangshalle hängt in großen Buchstaben der Leitspruch des Hauses: „Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben.“ Diese Worte hat der Koch verinnerlicht. Das Leben der Kranken verlängern kann er nicht, es versüßen schon. Als Ruprecht Schmidt vor elf Jahren den Job annahm, wurde er öfters gefragt, ob es nicht absurd sei, für Todkranke zu kochen. Er selbst hat sich diese Frage nie gestellt. Die Bedeutung, die Essen haben kann, ist ihm durch die Arbeit im Hospiz immer klarer geworden. Seine Erkenntnis klingt so einfach, fast banal: „Essen heißt, ich lebe noch!“
Dörte Schipper
DEN TAGEN MEHR LEBEN GEBEN
Vorwort von Udo Lindenberg
Über Ruprecht Schmidt, den Koch, und seine Gäste
253 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
€ (D) 19,99 /€ (A) 20,60 /SFr. 34,50*
ISBN 978-3-7857-2385-2