Der diesjährige „Tag für ehrenamtliche HospizbegleiterInnen“ war dem Thema „Kulturen des Sterbens. Meine Heimat und das Fremde in mir“ gewidmet. Bei der Vorbereitung wurde mir klar, wie selten man sich im Alltag mit dieser Thematik befasst und wie fremd man seinem eigenen „Fremdsein“ gegenübersteht. In unserer modernen Welt fallen viele Grenzen. Begrenzungen, Entfernungen spielen keine Rolle mehr. Menschen, Gruppen, Klassen, Unternehmen, Institutionen, Nationen und Gesellschaften treten global miteinander in Beziehung. Auch innerhalb der Gesellschaft entsteht eine Gesellschaft der vielfältigen Lebensstile und Weltanschauungen. Und mittendrin stehen wir. Jede und jeder Einzelne von uns ist mit seiner ganzen Identität gefordert, mitfühlend und verantwortungsvoll mit dem Thema Lebensende und Tod umzugehen. Schließlich ist es die eigene Identität, die die Differenz der verschiedenen Kulturen erst erkennen lässt. Ohne die eigene Identität ist eine Unterscheidung gar nicht möglich. Keine Identität ohne Differenz, keine Differenz ohne Identität.
Wenn sich Kulturen begegnen, erlebt man, dass die anderen die gleichen Dinge ganz anders sehen, die gleichen Probleme anders lösen, sich in gleichen Situationen nach ganz anderen Erwartungen, Normen und Werten richten. Sie „sind“ ganz anders als man selbst. Das wird aber in aller Regel nicht einfach festgestellt und nüchtern zur Kenntnis genommen. Das Anderssein berührt, erstaunt, irritiert – jedenfalls weckt es Emotionen und Reaktionen in uns. Uns in der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft ist es ein Anliegen, dem eigenen Fremdsein Raum, Beachtung und Wertschätzung zu schenken. Nur so können wir dem Fremden im anderen mit dem notwendigen Respekt begegnen.
Elisabeth Zanon
Vorsitzende Tiroler Hospiz-Gemeinschaft
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