Die Ansprache von Superintendent Olvier Dantine anlässlich der Segnung des Hospizhauses Tirol am 15. Juni 2018 können Sie hier nachlesen:
Liebe Schwestern und Brüder!
Was für eine Zusage! Der Geist nimmt sich unserer Schwachheit an. Dabei ist unsere Schwachheit etwas, woran viele nicht erinnert werden wollen. In Zeiten, in denen sich wiederum immer mehr Menschen einen starken Mann an der Macht wünschen, heißt es: Nur ja keine Schwäche zeigen! Wer in schwierigen Verhandlungen Schwäche zeigt, der droht, den Kürzeren zu ziehen. Keine Schwäche haben, die eigene Schwachheit selbst zu überwinden. Das ist eine der großen Illusionen im Leben. Alles selbst in der Hand zu haben, alles kontrollieren zu können. Allerspätestens an den Grenzen des Lebens zerbricht diese Illusion.
Und dann hier, diese Zusage, so anders, so heilsam anders: Der Geist nimmt sich unserer Schwachheit an. Der Geist nimmt sich all dessen an, was wir nicht in unserer Hand haben. Wenn die Illusion der Lebenskontrolle zerbricht, dann ist das gerade nicht der Verlust von Halt im Leben. Das Bedürfnis der Kontrolle weicht einem gehalten-Sein, einem von Gott geliebt-Sein.
Wo aber Menschen nicht in der Lage sind, den Wunsch nach Kontrolle über das eigene Leben aufzugeben, wird die Grenze des Lebens zu einem Tabu. Da ist das Nachdenken oder Reden über das Sterben nicht möglich und wird verdrängt. Und eine auf dem ersten Blick paradoxe Entwicklung der letzten Jahrzehnte liegt hinter uns: Das Sterben ist aus unserer Mitte verdrängt und tabuisiert worden, und es kam andererseits der Wunsch auf, auch diese letzte Grenze des Lebens unter die eigene Kontrolle zu bringen.
Gerade deswegen ist die Hospizbewegung so wichtig, daher sind solche Orte so wichtig. Die Zuwendung zu schwer kranken und sterbenden Menschen, das ist ein ganz besonderer Akt der Nächstenliebe, die vor keinen Tabus Halt macht. Und wichtig auch die Bildungsarbeit, die auch in diesem Haus geleistet wird, und hilft, dieses Tabu aufzubrechen. Dieses Tabu aufzubrechen hat auch etwas mit der Annahme unserer eigenen Schwachheit und Schwäche zu tun. Einer Schwäche, die eine schwer überwindlichen Distanz gerade zu den Menschen aufbaut, die unsere Nähe ganz besonders brauchen.
Und so gibt dieses Hospizhaus Tirol dem Geist Raum, der sich unserer Schwachheit annimmt. Und es ist der Raum, den auch die Hoffnung braucht. Die Hoffnung auf das, was wir nicht sehen. Diese Hoffnung sei Halt für die Menschen, die hier die nötige Zuwendung und menschliche Nähe erhalten. Eine Hoffnung, die über das hier und jetzt hinausweist, die eine neue Perspektive eröffnet. Eine Perspektive, die getrost auf das Blicken kann, was kommen wird. Diese Hoffnung sei aber auch Ermutigung für die Angehörigen, sich ihren Liebsten auch bis an dies letzte Grenze zuzuwenden. Und die Hoffnung gibt den Menschen, die hier ihren so wichtigen und schönen Dienst tun, Stärkung und die Zuversicht darauf, dass ihr tun wertvoll ist und wertgeschätzt wird. In dieser Hoffnung und in der Gewissheit des Beistandes vom Geist, der sich unserer Schwachheit annimmt, lasst uns nun dieses Hospizhaus Tirol segnen.
Ein ausführlichen Bericht über die feierliche Eröffnung des Hospizhauses finden Sie hier!
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