Gedanken von Christian Sint, Seelsorger, bei der letzten Gedenkfeier am 3.Juli 2018 im Haus Marillac:
Wie vielleicht viele von ihnen wissen, ist Ende Juni die Hospiz-Palliativstation von Innsbruck nach Hall übersiedelt. Wer umzieht muss sich fragen, was nehme ich mit, was lasse ich zurück. Auch wir auf Station mussten überlegen, was nehmen wir mit, was lassen wir zurück. Wie so das allgemeine Einpacken begann, war es mir, uns als Seelsorgende besonders wichtig eine seit vielen Jahren auf der Station stehende Skulptur ja mit nach Hall zu nehmen. Diese Plastik ist das letzte in Bronze gegossene Werk des Innsbrucker Künstlers Prof. Emmerich Kerle. Wenige Tage vor seinem Tod 2011 hatte Emmerich Kerle im Beisein seiner Frau Paula uns diesen, wie er ihn bezeichnete, „Guten Hirten“ geschenkt. Ich erinnere mich an Paula Kerle, wie sie dabei sagte: „Ihr seid gute Hirtinnen und Hirten und sollte es weiterhin sein.“
Die Figur steht nun seit einigen Tagen auf der Hospiz-Palliativstation in Hall. Mir gefällt an der Darstellung, dass der Hirte sein Gesicht nach oben richtet. Er hält seine Finger über seine Augen und – das wichtigste – der Hirte blickt, ja schaut in die Ferne, in die Weite.
Der Gute Hirte, er führt, wie es im Psalm 23 heißt,
in die Weite,
über alle Zäune
hinüber zum anderen Ufer
über saftige Weiden
vorbei an frischem Wasser
durch das dunkle Tal.Er führt an einen Tisch, wo man Gast ist, mit randvollen Bechern,
in ein Haus, wo man bleiben kann, ein Leben lang.In dieser Stunde des Gedenkens dürfen wir vertrauen,
dass Gott, der Herr über Leben und Tod, dieser Gute Hirte ist, der all unsere Verstorbenen hinübergeführt hat, auf saftige Weiden
in ein Land, ohne Leid und ohne Schmerzen
in eine ewige Heimat
zum ewigen Licht, zum vollendeten Leben.
So mag der gute Hirte, wie Emmerich Kerle ihn dargestellt hat, uns Zurückgebliebene und Weiterlebende ermutigen, inmitten meiner Trauer, durch meinen Schmerz hindurch trotzdem, immer wieder nach vorne, in die Weite zu blicken.
Der Hirte kann mich erinnern, dass es ein Leben, ein Land gibt jenseits unseres Lebens.
Und dass wir uns einmal ganz wiedersehen, im neuen Leben, im Land, wo die Sonne nie mehr untergeht.
Christian Sint, Seelsorger der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft
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