Die Individualität des Sterbens

"Wir brauchen ein Maximum an Raum für die Bedürfnisse der Sterbenden." Elisabeth Zanon, Vorsitzende der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft

Jeder Mensch macht im Laufe seines Lebens Erfahrungen mit dem Sterben von lieben Angehörigen, Freunden und Bekannten. Sie haben auch mich geprägt, meine Gedanken über den eigenen Tod, meine Vorstellungen von einem würdevollen, „erfüllenden“ Sterben.

Kann das Sterben standardisiert werden?

Unsere Gesellschaft ist geradezu konditioniert auf den Wunsch nach Professionalität in allen Lebensbereichen, nach Qualitätsstandards, die den höchsten Ansprüchen gerecht werden sollen. Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden, aber kann diese Vorstellung im Zusammenhang mit dem Sterben genügen? Kann das Sterben standardisiert werden?

Letzte Freiheit vor dem Weg ins Unbekannte

Diese Form der „Standardisierung“ muss auf das Notwendige beschränkt bleiben! Wir brauchen ein Maximum an Raum für die Bedürfnisse der Sterbenden. Eine letzte spürbare Freiheit vor dem Weg ins Unbekannte. Dies zu ermöglichen ist Aufgabe einer Gesellschaft, in der das menschliche Leben ebenso respektvoll behandelt wird, wie das Sterben.

Allein-sein zulassen, Gesellschaft mit jenen Menschen ermöglichen, die einem lieb sind, Dinge und Aktivitäten erleben, die das Leben immer bereicherten: jede Lebensgeschichte ist anders und so auch jede Geschichte des Sterbens. Jeder Mensch möchte seine letzte Zeit individuell nach seinen Wünschen und Sehnsüchten verbringen. Nicht immer ist es den Betroffenen möglich, dies noch auszudrücken. Hier braucht es viel Feingefühl und ein enges Zusammenwirken mit den am nächsten stehenden Menschen. Dies alles zu ermöglichen ist mit Einfühlungsvermögen, Respekt, Verantwortungsbewusstsein und großem persönlichem Engagement verbunden.

Ein Sprachrohr für so viele stille Menschen

Dies war und ist Aufgabe der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft und somit jetzt auch meine. Ich sehe mich auch als Sprachrohr für viele stille Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, ihre Bedürfnisse und Wünsche zu formulieren. Unser Auftrag ist es außerdem die Hospizbewegung in Bewegung zu halten. Das heißt den Anliegen sterbender und schwerkranker Menschen wo immer möglich und notwendig den nötigen Raum zu verschaffen.

Ehre und Verantwortung

Abschließend möchte ich mich im Namen der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft von ganzem Herzen und mit tiefem Respekt für die Arbeit bei der scheidenden Vorsitzenden Marina Baldauf bedanken.

Sie hat beispiellos und mit unermüdlichem Einsatz für die Anliegen der Hospizbewegung gekämpft, gearbeitet und Erfolge erzielt. Mir ist bewusst, welche Ehre und Verantwortung es ist, in ihre Fußstapfen zu treten und in ihrem und damit im Sinne der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft mit Freude und Energie weiterzuarbeiten.

Elisabeth Zanon
Vorsitzende der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft

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