Körperliche Schmerzen am Lebensende sind gut behandelbar. Urban Regensburger im Gespräch mit Elisabeth Medicus, seit 2001 ärztliche Leiterin der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft
Viele Menschen haben Angst vor den Schmerzen am Lebensende. Ist diese Angst begründet?
Medicus: Da gibt es Hoffnung. Mit einfachen Schmerzmitteln können 95 % der Schmerzenam Lebensende gelindert werden, bei 5 % ist eine komplexere Schmerz-therapie notwendig. Schmerzen am Lebensende und Schmerzen bei Tumorerkrankungen sind leichter zu lindern als etwa chronische Schmerzen.
Welche Arten von Schmerzen haben die Patientinnen und Patienten besonderst oft?
Medicus: Ein Tumor braucht Platz, und das erzeugt Druck auf das umliegende Gewebe. Dadurch kommt es zu Schmerzen, wenn etwa in der Leber viele Metastasen sind und die Leberkapsel eng wird oder wenn ein Tumor sich in unmittelbarer Nähe von Nerven befindet. Tumore in den Knochen sind oft sehr schmerzhaft. Und bei längerer Bettlägerigkeit kann auch einmal der Rücken weh tun.
Wie werden die Schmerzen auf der Hospiz- und Palliativstation und durch das Mobile Team gelindert?
Medicus: Die Schmerzen müssen zunächst gut erfasst werden: Um welchen Schmerz handelt es sich genau, was ist die Ursache, was hilft dagegen? Was bedeutet es für den kranken Menschen, mit dem Schmerz zu leben? Wie steht er zu Schmerzmitteln? Meistens haben die Betroffenen bewährte Strategien, mit Schmerzen umzugehen, und diese gilt es zu nutzen. Die medikamentöse Therapie wird an die individuelle Situation genau angepasst. Aber auch physiotherapeutische Maßnahmen, Massagen, Wärmeanwendungen oder ein Vollbad können Schmerzen wirkungsvoll lindern.
Wie kann eine Schmerzpumpe helfen?
Medicus: Wenn ein kranker Mensch nicht mehr schlucken kann, dann gibt es immer noch die Möglichkeit, die Schmerzmittel wie mit einer Spritze direkt ins Blut zu verabreichen. In diesen Fällen ist die Schmerzpumpe sehr hilfreich. Sie wird mit dem benötigten Schmerzmittel befüllt und gibt dieses gleichmäßig ab. Die Schmerzpumpe ist nicht sehr groß und kann am Körper getragen werden. Viele Betroffene gewöhnen sich gut an die Schmerzpumpe. Eine Besonderheit ist, dass sie damit die Möglichkeit haben, sich bei Bedarf eine zusätzliche Dosis Schmerzmittel zu geben. Durch die exakte Programmierung ist sichergestellt, dass es zu keiner Überdosierung kommen kann. Eine Schmerzpumpe kann auch zu Hause eingesetzt werden, wenn ein mobiler Dienst rund um die Uhr für alle Fälle erreichbar ist.
Was möchtest Du unseren Leserinnen und Lesern zum Thema Schmerzen noch mitgeben?
Medicus: Schmerzen am Lebensende können gut gelindert werden. Es stimmt nicht, dass Schmerzmittel immer müde machen. Mit einer gut angepassten Schmerztherapie ist der kranke Mensch wach und schmerzarm und kann damit diese Zeit so gestalten, wie es für ihn oder für sie gut ist.