Es war vor vielen Jahren, an einem 8. Dezember, am Feiertag Maria Empfängnis. Ich wurde als Seelsorger in ein Zimmer der Hospiz-Palliativstation gerufen. Eine Frau, über 50 Jahre alt, lag im Sterben. Tiefe Traurigkeit lag im Raum, Tränen, Fassungslosigkeit. Es fehlten mir – wie oft in solchen Situationen – jegliche Worte.
Nach einer Weile fragte ich die Angehörigen der sterbenden Frau: „Was war ihr im Leben wichtig. Was war ihr heilig?“ Wenige Worte kamen. Eine der Angehörigen sagte schließlich: „Sie war von Krippen angetan. Mit großer Leidenschaft hat sie Krippen gebaut“. Ich fragte den Bruder der Patientin: „Wäre es nicht möglich eine ihrer Krippen hier her zu bringen?“ Er sagte: „Wir hätten ihre Lieblingskrippe unten im Auto. Wir haben uns nicht getraut, sie hier im Zimmer aufzustellen.“
Ich bot den Angehörigen meine Hilfe an und wir holten die Krippe. Wir stellten sie im Zimmer der sterbenden Frau auf, ebenso die Holzfiguren: Hirten und Schafe, Ochs und Esel, Maria und Josef und auch die Engel. Das Christkind legte ich behutsam zur sterbenden Patientin. Ich sagte: „Das Christkind kommt schon heute zu ihnen. Wir feiern Weihnachten heute“. Ich holte Tannenzweige. Wir zündeten Kerzen an. Wir sangen „Stille Nacht“ und dann – wie sich später herausstellte – das Lieblingslied der Frau: „Still, still, weils Kindlein schlafen will“. Als wir die Zeilen sangen: „Tue uns das Himmelreich aufschließen, wenn wir einmal sterben müssen“ lief es mir kalt über den Rücken. Am frühen Nachmittag ist Frau S. gestorben. Wir haben ihr Körper gesegnet und uns würdig von ihr verabschiedet. Die Angehörigen von Frau S. haben uns tags darauf die Krippe geschenkt.
Jedes Jahr, wenn ich diese Weihnachtskrippe auf der Hospiz-Palliativstation aufstelle, muss ich an Frau S. denken und dass wir damals schon am 8. Dezember Weihnachten gefeiert haben. Und ich nehme behutsam das Christuskind aus der Krippe und bitte es, dass es auch uns helfe möge, wenn wir einmal sterben müssen.
Christian Sint, Seelsorger an der Hospiz und Palliativstation
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