Ethische Überlegungen zur Sterbehilfe

Diskussionen um das Thema Sterbehilfe werden meistens sehr emotional geführt. Die Frage, ob jemand das Recht hat, von seinem bzw. ihrem unheilbaren Leiden „erlöst“ zu werden, berührt Grundfragen des Menschseins in existenzieller Weise. Beim Palliativforum am 13. Jänner 2011 versuchte der Moraltheologe Prof. Dr. Stephan Leher eine Annäherung an das Thema.

Er klärte zu Beginn seines Vortrags die in diesem Zusammenhang wichtigsten Begriffe und hielt fest, dass passive Sterbehilfe sowohl rechtlich als auch ethisch vertretbar und zu befürworten ist. Das heißt, dass bei Vorliegen einer unheilbaren Erkrankung keine künstlich-lebensverlängernden Maßnahmen mehr angewendet werden: „Wenn jemand unheilbar krank ist und dazu eine Lungenentzündung bekommt, kann die Gabe von Antibiotika unterbleiben, wenn die erkrankte Person das möchte“, erklärte Stephan Leher, der, bevor er Theologe wurde, ein Medizinstudium samt Turnus absolviert hat.

Im Gegensatz dazu ist die aktive Sterbehilfe, also die Tötung auf Verlangen, verboten.

Wenn Medikamente die Lebenszeit verkürzen

Zulässig ist auch die so genannte indirekte Sterbehilfe: „Wenn Nebenwirkungen von Medikamenten, die für das Wohl eines Patienten bzw. einer Patientin unbedingt erforderlich sind, zu einer Verkürzung der Lebenszeit führen, ist nicht die Tötung sondern z.B. die Linderung unerträglicher Schmerzen intendiert“, führte Leher aus.

Die zentrale ethische Frage in der Diskussion um Sterbehilfe lautet aus der Sicht von Stephan Leher: „Wie stark ist das Selbstbestimmungsrecht der PatientInnen im Vergleich zur Heiligkeit und dem Schutzgebot des Lebens zu bewerten?“ Dieses Selbstbestimmungsrecht sei in einigen Ländern Europas deutlich höher bewertet als in Österreich: „In den Niederlanden, Belgien und Luxemburg ist die Tötung auf Verlangen straffrei, aber auch in Deutschland, wo das nicht der Fall ist, hat die Selbstbestimmung im Fall der Beihilfe zum Suizid einen höheren Stellenwert als hierzulande.“

Ist Leiden sinnvoll?

Aus christlich-katholischer Sicht sei die Autonomie eindeutig nicht das höchste Gut des Menschen: „Wir gehen von der Heiligkeit des Lebens aus. Das menschliche Leben ist demnach etwas uns Anvertrautes, und daher können wir nicht frei darüber verfügen“, führte Stephan Leher aus. Es gehe aber nicht darum, das Leiden zu idealisieren, sagte er und widersprach damit einem Argument, das immer wieder in diesem Zusammenhang zu hören ist, dass nämlich die katholische Kirche Leiden als etwas Sinnvolles ansehen würde. „Das ist nicht katholische Position“, hielt er fest. „Unbestritten finden aber PatientInnen in der Auseinandersetzung mit ihrem Leid auch zu einem Sinn, der ihnen Kraft gibt, das Leid zu tragen und zu überwinden.“ Es solle aber nicht vertuscht werden, dass es auch Menschen gibt, die an dem ihnen zugemuteten Leid verzweifeln und zerbrechen.

Was will Gott?

In seinem Vortrag stellte Stephan Leher außerdem einige Thesen des Schweizer Theologen und Kirchenkritikers Hans Küng zur Diskussion. Küng vertritt zum Beispiel die Meinung, dass nicht der Arzt der Herr über Leben und Tod sein könne, sondern nur der betroffene Mensch allein. Und Küng stellt die provokante Frage, ob Gott wirklich die Reduktion des menschlichen Lebens auf rein biologische Funktionen wollen würde?

Aus christlich-katholischer Sicht sagte Stephan Leher dazu, dass er überzeugt ist, „dass ein Mensch, der sich das Leben nimmt, deshalb nicht die Barmherzigkeit und die Liebe Gottes verliert. Das ist aber kein Argument für die Tötung von unheilbar kranken Menschen. Das menschliche Leben ist heilig zu halten und unbedingt zu schützen.“

Sonja Prieth, Bildungsreferentin der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft

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