Mit einem Apell eröffnete am 16.12.2014 die Vorsitzende der Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ Gertrude Aubauer die Sitzung. Nachdem die Möglichkeiten zum Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung Thema war und es damit um eine Analyse des derzeitigen Zustands sowie um notwendige Schritte in nächster Zeit ging, rief Aubauer auf, nicht zu zögern, weitere Schritte zu setzen.Es habe sich zwar schon viel getan, sagte sie, jetzt sei aber die Zeit reif für die weitere Umsetzung. Sie untermauerte dies anhand von Zahlen und betonte, dass derzeit 321 Betten, 237 mobile Teams und 6 Tageshospize bis zum Jahr 2020 im Hospiz- und Palliativbereich fehlen. Das bedeute einen aktuellen Versorgungsgrad von nur mehr 48%, merkte sie kritisch an.
Damit sprach sie auch eines der Hauptprobleme im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung an. In Österreich ist der Ausbau beziehungsweise der Umsetzungsgrad von bedarfsnotwendigen Kapazitäten in diesem Bereich höchst unterschiedlich. Wie Eva-Maria Kernstock vom Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen darlegte, sind im Bereich der akut stationären Angebote für Erwachsene etwa 75 % umgesetzt, obwohl in diesem Bereich bereits eine verbindliche Regelfinanzierung existiert. Im mobilen Bereich könne nur durch massive Unterstützung von Freiwilligen für ca. 12% der am Wohnort Versterbenden eine Palliativbetreuung angeboten werden. Auch hier ist laut Kernstock der Ausbau in den Bundesländern sehr unterschiedlich und liegt bei 48%.
Insgesamt brauche man für geschätzte 12.000 bis 16.000 Erwachsene eine Hospiz- und Palliativversorgung. Ein solches Angebot sei nur dann qualitativ hochwertig, wenn damit auch ein ganzheitliches Vorgehen verbunden sei, indem PatientInnen, Angehörige und Gesundheitsberufe gemeinsam agieren – eine Herausforderung für das fragmentierte Gesundheitswesen, wie Kernstock bemerkte.
Große Versorgungslücke für schwerkranke Kinder und Jugendliche
Was das Palliativ- und Hospizangebot für Kinder und Jugendliche betrifft, so steht man in Österreich erst am Anfang. Martina Kronberger-Vollnhofer vom Kinderhospiz MOMO geht von rund 1.000, vermutlich aber mehr, betroffenen Familien mit Kindern und Jugendlichen aus, die an einer lebensbedrohlichen und lebensverkürzenden Erkrankung leiden. Für deren Betreuung stehen aber nur in zwei Bundesländern, nämlich in Niederösterreich und in der Steiermark, öffentlich finanzierte Palliativ- und Hospizteams Verfügung. In allen anderen Bundesländern gibt es entweder keine Angebote für Kinder und Jugendliche oder sie basieren auf Initiativen von engagierten Menschen und Organisationen und sind rein spendenfinanziert. Für ganz Österreich sind nur 3 definierte pädiatrische Palliativbetten, ebenfalls in Niederösterreich, vorhanden. Ein stationäres Kinderhospiz gibt es nicht, kritisierte die Expertin, und das obwohl sich die Empfehlungen zum Ausbau und zur finanziellen Unterstützung mobiler Palliativteams sowohl in der Pflegefondsnovelle als auch im Regierungsprogramm finden.
Zuständigkeiten sind zu stark segmentiert
In diesem Zusammenhang wurde auch die Kompetenzlage zwischen Gesundheits- und Sozialministerium einerseits sowie zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung andererseits von den Expertinnen und Experten kritisch kommentiert. Die Zuständigkeiten im Palliativ- und Hospizbereich seien stark segmentiert und weder im österreichischen Sozialsystem noch im Gesundheitssystem sicher gelandet, formulierte Alexander Bodmann von der Caritas Österreich. Man brauche klare Zuständigkeiten in der Frage der Finanzierung, hielt Anneliese Gottwald von der Diakonie Österreich fest. Dieser Kritik schlossen sich auch die Abgeordneten Gerald Loacker von den NEOS und Eva Mückstein von den Grünen an.
Seitens des Gesundheits- und Sozialministeriums sah man das anders. Die Zuständigkeiten seien geklärt und der Föderalismus funktioniere, meinte etwa Gerhard Aigner vom Gesundheitsressort. Es gehe nur darum, Lücken zu schließen. Aufgabe von Ländern und Gemeinden sei es, die Versorgung sicherzustellen und den konkreten Bedarf zu erheben. Das geschehe in den Ländern aber in unterschiedlicher Art und Weise, räumte Martin Staudinger vom Sozialministerium ein.
ExpertInnen für Rechtsanspruch auf Hospiz- und Palliativversorgung
Die Kritik am mangelnden flächendeckenden Angebot unter unzureichender finanzieller Absicherungen durchzog dementsprechend auch sämtliche Referate der ExpertInnen, die im Hospiz- und Palliativbereich tätig sind. Damit wurde auch immer wieder die Forderung verknüpft, einen Rechtsanspruch von Palliativversorgung im ASVG zu verankern und damit eine Regelfinanzierung für alle Hospiz- und Palliativangebote zu schaffen. Alexander Bodmann unterstrich in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, diesen Rechtsanspruch auf multiprofessionelle mobile und stationäre Versorgung sicherzustellen.
Notwendig sei auch eine zweckgewidmete Finanzierung der mobilen ehrenamtlichen Hospizdienste und eine Gesamtsteuerung und Gesamtverantwortung für Hospiz- und Palliativversorgung, indem diese in die gesamte medizinische und psychologische Grundversorgung eingebunden werden, sagte er. Nur mit einer verlässlichen und gesicherten Finanzierung und einer engen Kooperation zwischen mobilen und stationären Einrichtungen könne eine flächendeckende Palliativversorgung auf höchstem Niveau ermöglicht werden, stellte auch Otto Knapp von der Volkshilfe Österreich fest. Die Forderung nach einer Koordinationsstelle mit entsprechenden Kompetenzen im Hinblick auf die Kosten, auf den Rechtsanspruch und auf die Zuständigkeiten, wurde zudem von Johann Baumgartner vom Dachverband Hospiz Österreich in die Diskussion eingebracht.
Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung wirkt kostendämpfend
Laut Berechnungen belaufen sich die Gesamtkosten für bestehende Einrichtungen für Erwachsene im Jahr 2011 auf rund 87 Mio. €, 2013 lagen die Aufwendungen schätzungsweise bei rund 100 Mio. €. Wie Eva-Maria Kernstock von der Gesundheit Österreich ausführte, müsste die öffentliche Hand bei Vollausbau aller Segmente bis 2020 rund 150 Mio. € in die Hand nehmen. Das ist bei Gesundheitsausgaben von rund 22 Mrd. € jährlich ein relativ geringer Betrag, waren sich die ExpertInnen einig. Die zusätzlichen Mittel würden sich auch insofern rechnen, als Palliativmedizin eine Unter- und Überversorgung vermeidet, wie Johann Baumgartner anmerkte, womit die Investitionen auch ein Beitrag zur Kostendämpfung wären.
Dies bestätigte ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger aus eigener Erfahrung als Allgemeinmediziner. Die Menschen hätten den Wunsch, zu Hause zu sterben. Da komme dem Hausarzt eine besondere Rolle zu, der aber wie die Angehörigen einer „Bewilligungsbürokratie“ gegenüberstehe. Rasinger forderte daher eine bessere und unbürokratischere Kooperation seitens der Sozialversicherung, denn das würde in vielen Fällen die Einlieferung in ein Spital vermeiden, wo der Tag rund 1.100 € kostet. Hospiz- und Palliativversorgung gehören wohl zu den menschlichsten Errungenschaften der Medizin, aber sich nicht zu den teuersten, unterstrich in diesem Zusammenhang die Vorsitzende Gertrude Aubauer.
Was bis 2020 geschehen soll
Was nun die Ziele für den Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung betrifft, so müsse man das Rad nicht neu erfinden. Die Ideen und Konzepte liegen auf dem Tisch, so der allgemeine Tenor in der Debatte. Man brauche vor allem eine Verschränkung von der Hospiz- und Palliativversorgung mit der Langzeitpflege, eröffnete Anneliese Gottwald von der Diakonie Österreich ihren Forderungskatalog. Neben der Erhöhung der Bettenanzahl muss ihrer Ansicht nach auch die mobile Palliativversorgung ausgebaut werden.
Dringenden Handlungsbedarf orten die ExpertInnen vor allem im Angebot für Kinder und Jugendliche. Diese Gruppe brauche eine individuelle, umfassende und ganzheitliche Palliativ- und Hospizversorgung in einem kindgerechten Umfeld am selbstgewählten Ort – und das in enger Kooperation mit den SpazialistInnen in den Krankenhäusern, den ÄrztInnen im niedergelassenen Bereich sowie mit den sozialpädagogischen Einrichtungen, konstatierte Martina Kronberger-Vollnhofer von MOMO. Aufgrund der Betroffenheit des ganzen Familiensystems in körperlicher, seelischer, sozialer und spiritueller Hinsicht bedürfe es eines multiprofessionellen Betreuungsansatzes der ÄrztInnen, Pflegende, PsychologInnen, SozialarbeiterInnen, TherapeutInnen, PädagogInnen sowie Seelsorge und ehrenamtliche Tätigkeiten umfasst. Neben der palliativen Grundversorgung in den Krankenhäusern und Spezialambulanzen sind laut Eva-Maria Kernstock vom Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen bundesweit 9 bis 12 mobile Kinder-Palliativteams, ebenso viele mobile Kinder-Hospizteams, stationäre Kinderhospize in 2 bis 3 Einrichtungen mit insgesamt 16 Betten bundesweit und pädiatrische Palliativbetten an den Kinder- und Jugendlichen-Abteilungen in den Akutkrankenanstalten mit insgesamt 43 Betten bundesweit notwendig. Kernstock rechnet für diesen Vollausbau bis zum Jahr 2020 mit Kosten von rund 17,5 Mio. €.
Einige ExpertInnen wiesen zudem auf die Notwendigkeit einer intensiveren Aus- und Weiterbildung hin, wobei vor allem auch eine fundierte Auseinandersetzung mit Fragen der Ethik als wesentlich erachtet wurde. Otto Knapp von der Volkshilfe und Anneliese Gottwald von der Diakonie sprachen sich in diesem Zusammenhang für ein flächendeckendes Konzept aus. Knapp forderte zudem Rechtssicherheit für das medizinische Personal und die Angehörigen ein. Gottwald sprach die Patientenverfügung und die Vorsorgevollmacht an und trat dafür ein, diese im Zusammenhang mit einem entsprechenden Vorsorgedialog finanziell ausreichend zu unterstützen, um möglichst allen den Zugang zu diesen Instrumenten zu ermöglichen.
Die Notwendigkeit einer entsprechenden Ausbildung wurde auch von Bundesrätin Sonja Ledl-Rossmann (V/T) sowie von SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim unterstrichen. Beide sprachen sich für eine verstärkte allgemeine Bewusstseinsbildung aus, was für die Gesundheitssprecherin der Grünen Eva Mückstein zu wenig war. Sie wünschte sich verbindliche Zusagen von der Regierung.
Finanzierung und Organisation des Hospizausbaus
Klaudia Atzmüller (Land Niederösterreich) informierte über die Finanzierung und die Organisation der integrierten Hospiz- und Palliativversorgung in Niederösterreich. Mit 78 Betten in sieben Stationen und dem Einsatz von 30 mobilen Hospizteams sowie der Nutzung von Synergien mit Pflegeheimen wurde der Vollausbau erreicht. Niederösterreich könne Patienten aus Oberösterreich und Wien mitversorgen, sagte Atzmüller. Der weitere Ausbau des Hospiz- und Palliativangebots in Niederösterreich ziele darauf ab, Krankenhausaufenthalte am Ende des Lebens zu vermeiden und orientiert sich an der demographischen Entwicklung.
Grundprinzip Inklusion
Peter Hacker (Land Wien) berichtete vom Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Wien, die ausdrücklich nicht dem Weg der Spezialisierung folge, sondern dem Kernprinzip der Inklusion in die großen Versorgungsstrukturen der Stadt. Das bedeute die Umsetzung unterschiedlicher Konzepte in verschiedenen Einrichtungen, die Kooperation mit Caritas und Caritas Sozialis, den Einsatz von Hospiz- und Palliativteams sowie den Ausbau der medizinischen Hauskrankenpflege und der mobilen Krankenpflege. Grundsätzlich führte Peter Hacker aus, sollte man den Bereich der Pflege und der Palliativversorgung aus dem Bereich der Sozialhilfe herausführen: „Wir brauchen mehr Engagement der Sozialversicherung bei Palliativ- und Hospizleistungen.“
Christine Aigner (Österreichischer Städtebund) gab einen Überblick über die Leistungen der Städte bei der Hospiz- und Palliativversorgung, bekannte sich zum Ausbau dieser Leistungen, stellte aber zugleich fest, dass es dafür noch an finanziellen Voraussetzungen fehle.
In sehr persönlichen Worten richtete Bundesratspräsident a.D. Ludwig Bieringer (Österreichischer Gemeindebund) einen emotionalen Appell an die Enquete-Kommission, Menschen, insbesondere auch junge Menschen, die Hilfe benötigen, zu unterstützen. Diese Hilfeleistung dürfe nicht an finanziellen Fragen scheitern, sagte Bieringer: „Wir haben die Pflicht, todkranken Menschen zu helfen, damit sie in Würde sterben können.“
Sozialversicherung bereit zu Verhandlungen
Harald Seiss (Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger) formulierte die Position der Sozialversicherung zum Thema der Enquete. Er befürwortete eine umfassende Diskussion, weil die optimale Behandlung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase ethische und gesellschaftspolitische Fragen aufwerfe. Zu vermeiden sei die Behandlung dieser Menschen in Akutspitälern, daher sei die Hospiz- und Palliativversorgung flächendeckend auszubauen. Diese Versorgung sei besser, als oft behauptet werde, Lücken seien aber nicht zu übersehen. Rechtsfragen seien zu klären, die Akutspitäler unter Einbeziehung der niedergelassenen Ärzte zu entlasten, wobei sich die Sozialversicherung gegen Einzelfallregelungen für diese Patientengruppe wende. Die Sozialversicherung sei gesprächs- und verhandlungsbereit, sie sei auch offen, über Leistungen wie Seelsorge und Unterstützung für Angehörige zu sprechen, sie sei aber dagegen, den Inhalt von Patientenverfügungen auf der E-Card zu speichern.
ÄrztInnen und PflegerInnen in der Grundversorgung brauchen Unterstützung
Johannes Zahrl (Österreichische Ärztekammer) leitete seine Ausführungen mit dem bekannten Zitat Kardinal Königs ein, Menschen sollten an der Hand und nicht durch die Hand von Menschen sterben. In diesem Sinne berichtete er von einer einstimmigen Resolution der Ärztekammer gegen die aktive Sterbehilfe. Denn es sei nicht die Aufgabe der Ärzte, den Tod kranker Menschen herbeizuführen. Dies stehe im Widerspruch zum Ethos des Arztberufs. Vielmehr sei die Hospiz- und Palliativmedizin auszubauen und Ärzte zu unterstützen, die in der Palliativversorgung tätig sind. Dazu komme die Zusammenarbeit aller Menschen, die die Pflege todkranker und sterbender Menschen sicherstellen. Entschieden wende sich die Ärzteschaft gegen eine eigene Facharztausbildung in Palliativmedizin. In Österreich arbeiten 2.131 Ärzte mit einem Diplom in Geriatrie und 2.872 Ärzte mit einem palliativmedizinischen Diplom, sagte Zahrl nicht ohne Stolz. Für verbesserungswürdig hielt er die Zusammenarbeit mit der Sozialversicherung: „Ein Hausarzt, der einen Palliativpatienten zweimal täglich besuche, solle sich nicht dafür rechtfertigen müssen“, meinte Zahrl.
In der Diskussion beklagte ÖVP-Abgeordneter Franz Josef Huainigg Lücken in der Hospizversorgung, insbesondere für Kinder und Jugendliche, namentlich auch in Wien. Team-Stronach-Gesundheitssprecher Markus Franz plädierte für ein Palliativgesetz, das mit der Entlastung teurer Akutbetten in Spitälern menschliche und ökonomische Vorteile brächte. Katharina Kucharowits (S) konzentrierte sich auf Ausbildungsthemen, sah finanzielle Fragen in der Hospiz- und Palliativversorgung offen und unterstrich, dass die Würde am Ende des Lebens nicht von der Stärke der Geldbörse abhängen dürfe. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) stellte klar, mehr Würde am Ende des Lebens koste mehr Geld und stellte dabei den Zusammenhang mit mehr Würde auch am Anfang und im Ablauf des Lebens her. Erwin Rasinger (V) dankte den vielen Menschen, die sich – oft unbemerkt – für mehr Würde am Ende des Lebens ihrer Mitmenschen bemühen und plädierte dafür, jene 60 Mio. € aufzubringen, die notwendig seien, um die Hospiz- und Palliativversorgung weiter auszubauen. Das sei nicht einmal 1% aller Gesundheitsausgaben und würde überdies manche Fehlbelegung in Spitälern vermeiden helfen.
Schutz der Menschenrechte und der Würde Todkranker und Sterbender
Die Obfrau der Enquete-Kommission, Gertrude Aubaur, leitet einen weiteren Verhandlungsblock ein, indem sie eine Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom Juni 1999 zusammenfasste, an deren Ausformulierung Österreich federführend mitgewirkt hat. In diesem Dokument wurde die Notwendigkeit bekräftigt, die Hospiz- und Palliativversorgung in den Mitgliedsländern des Europarats auszubauen. Das empfohlene Verbot der aktiven Sterbehilfe wurde vom Europarat mit großer Mehrheit angenommen. Es gehe um die Stärkung der Selbstbestimmung Sterbender sowie darum, niemanden gegen seinen Willen medizinisch zu behandeln, um damit den Sterbeprozess künstlich zu verlängern. Die Würde Sterbender und Totkranker sei zu schützen, der Zugang zu Palliativmedizin zu verbessern und die Zusammenarbeit aller, die an der Pflege totkranker und sterbender Menschen mitwirken, zu fördern. Freunde und Verwandte sollen ermuntert werden, Todkranke und Sterbende in ihrer letzten Lebensphase zu begleiten.
Viele Menschen wollen zu Hause sterben
Michael Opriesnig (Österreichisches Rotes Kreuz) gab all jenen Recht, die meinen, es sei möglich, in Österreich in Würde zu sterben, wobei er den persönlichen Einsatz vieler Menschen, insbesondere auch ehrenamtliche tätiger Menschen hervorhob. Opriesnig ging auf die Empfehlung des Europarats ein und hob es als wichtig hervor, Hospizeinrichtungen und Palliative Care in die Regelfinanzierung einzubeziehen.
Viele Menschen wollen zuhause sterben, es sei daher notwendig professionelle Unterstützung der Angehörigen sicherzustellen. „Pflegende Angehörige bilden den größten Pflegedienst in Österreich“, sagte Michael Opriesnig. Die Vision des Experten lautete, aus Österreich ein Land zu machen, das die Würde von Todkranken und Sterbenden achtet und schützt.
Anneliese Gottwald (Diakonie Österreich) merkte ergänzend an, dass bei der Unterstützung pflegender Angehöriger insbesondere auch pflegende Kinder und Jugendliche zu berücksichtigen seien.
Wolfgang Gerstl (V) würdigte das Engagement Günter Virts, der als Mitglied der „European Group on Ethics in Science and New Technologies“ maßgeblich an der Empfehlung des Europarats mitgewirkt hat und plädierte dafür, seitens des Nationalrats das Recht Todkranker und Sterbender auf umfassende Palliativpflege, den Schutz des Rechts auf Selbstbestimmung Sterbender und das Verbot der vorsätzlichen Tötung Todkranker und Sterbender zu übernehmen.
Für Günter Virt geht es darum, todkranke und sterbende Menschen zu würdigen und ihre Schmerzen zu behandeln. Seit der Verabschiedung der Europarats-Resolution seien mache Fortschritte erreicht worden, weiterentwickeln sollte man den flächendeckenden Ausbau der Palliativversorgung und die patientenorientierte Ausbildung des Personals. Zu klären sei auch die Verwendung eines abstrakten „Autonomie-Begriffs“ in der Diskussion über Sterbehilfe. Die Empfehlung des Europarats sollte als Zusatzprotokoll zur Menschenrechtskonvention über Biomedizin hinzugefügt werden. „Das Sterben ist die letzte Aufgabe des Menschen, in der er gewürdigt werden soll“, schloss Günter Virt.
Quelle: Parlamentskorrespondenz vom 16.12.2014
Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG / Mike Ranz