„Kiss me later“ steht auf den Stoffmasken, die uns Frau G. nach fast drei Monaten covidbedingter Schließung des Tageshospizes als Begrüßungsgeschenk freudestrahlend entgegenhält.
Endlich kommt sie wieder unter Leute, kann ratschen – meist lustig, aber auch über Ernstes. Über ihr ehemaliges Beisl, das Tagesgeschehen, die Politik. Frau G. ist gerne zu Hause, aber zu
Hause bleiben müssen, das war für sie wie Gefängnis. So wie Frau G. freuen auch wir uns, am 2. Juni endlich wieder im Tageshospiz sein zu können. Es gibt aber auch neue Herausforderungen. Aufgrund der bestehenden Situation können wir nur vier Patient*innen pro Tag betreuen. Zudem halten wir einen Abstand von 1,5 Metern ein. Das Arbeiten mit MundNasen-Schutz wird Standard. Nicht wenige unserer Patienten*innen tragen selbst eine Schutzmaske.
Händeschütteln, die Hand halten oder Umarmen sind nicht mehr möglich. Gespräche mit Familienangehörigen und Freunden finden nur in Ausnahmefällen im Tageshospiz statt. Meistens treffen wir uns vor, nicht im Haus – oder sprechen am Telefon miteinander. Fragen, die wir uns immer wieder gestellt haben: Kann in diesem Regelwerk aus „verordneter Distanz“ trotzdem Nähe entstehen? Kann diese physische Distanz durch emotionale Nähe und durch achtsames Handeln verkürzt oder gar überwunden werden?
Vier Monate Tageshospiz in dieser „neuen alten Zeit“ haben gezeigt, dass es möglich ist. Regeln, Masken und Sicherheitsabstände haben ihre Berechtigung. Aber die Essenz unserer Arbeit ist nicht diese Oberfläche. Die Essenz unserer Arbeit ist, dass wir berühren und uns berühren lassen. Aus „Liebe geht durch den Magen“ ist „Liebe geht durch die Maske“ geworden. Kiss me later.
Piet Wolters, Leiter Tageshospiz
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