Mit dem Herzen hören

„Das bewusste Zuhören öffnet das Herz für die Gedanken, Meinungen und Anliegen meiner Mitmenschen, ermöglicht Austausch und ist so grundlegend für Gemeinschaft.“

Aus einer Predigt von Willi Holzhammer, Diakon in Rum St. Georg

Unsere Fähigkeit zu hören ist die Voraussetzung dafür, dass Gesprochenes beim Empfänger ankommt. Wenn es auch eine Gehörlosensprache gibt, so ist dem Klang der Stimme und des Gesprochenen auch noch eine Aussagekraft eigen, die einem Text, einem Gedicht, der Musik erst kunstvollen Ausdruck und Aussagekraft verleiht. Wenn die Hörfähigkeit abnimmt, besteht die Gefahr der Isolation aus der Gemeinschaft. Das erfahren Menschen im Alter leider sehr schmerzlich. Auch die Unfähigkeit oder der Unwille zuzuhören ist oft Ursache für Meinungsverschiedenheiten oder Missverständnisse, die mitunter zu Fehlverhalten, aber auch zu Unfrieden führen können. Man sagt auch, dass das Hörorgan das erste und das letzte unserer Sinnesorgane in Funktion ist. Babys vernehmen schon die Stimme von Mutter, Vater und Geschwistern im Mutterleib, also am Beginn des Lebens. Und im Sterben sei das Hören der letzte Sinn, der seine Funktion einstellt. So sagt uns die Medizin.

Ein Zapfen einer Lärche in Nahaufnahme

Inneres Hören – ein hörendes Herz

Das Hören von Stimmen und Lauten aus unserer Umgebung ist sehr wichtig für unsere Lebensqualität. Es gibt jedoch noch ein anderes, ein inneres Hören. Manche kennen vielleicht die Geschichte von König Salomon aus dem Alten Testament. Er bittet Gott um ein hörendes Herz, weil er als junger König unsicher ist, in die Fußstapfen seines Vaters David zu treten und nicht weiß, wie er sich verhalten soll. Nicht Reichtum, nicht Macht wünscht er sich, sondern die Fähigkeit, die Anliegen der Menschen wahrnehmen zu können. Und Gott schenkt ihm ein weises und verständiges Herz, zeugt doch schon Salomos Wunsch von seiner Weisheit.

Offen im Hier und Jetzt sein

Hören – Zuhören – bringt mit sich, dass ich offen bin für mein Gegenüber, sei es Mensch oder Natur. Ein offenes Ohr lässt mich im Hier und Jetzt sein und mit meinen Gedanken nicht irgendwo anders. Das bewusste Zuhören öffnet das Herz für die Gedanken, Meinungen und Anliegen meiner Mitmenschen, ermöglicht Austausch und ist so grundlegend für Gemeinschaft. Es ist eine der Voraussetzungen für Wertschätzung, Achtsamkeit und im Weiteren für Barmherzigkeit und Nächstenliebe. Eine Verweigerung der Wahrnehmung meines Gegenübers verhärtet das Herz und ist Quelle für viel Leid in der Welt. Ein hörendes Herzöffnet uns für uns, für andere, die Welt und vielleicht auch für das Göttliche, das Geheimnis.

Ein Pfad mit blühenden Kirschbäumen
Die Schöpfung, von den Mystikern als erste Bibel bezeichnet, kann uns Augen und Ohren des Herzens öffnen.

Innerlich leer und offen werden

Herzensauge und Herzensohr werden vielfach besungen und beschrieben. Eine Kantate von Bach, ein Sonett von Rilke können uns hineinführen in diese Fähigkeit, wenn wir uns darauf einlassen. Es ist sicher nicht leicht in unserer hektischen Zeit voller Aktion und in dem unaufhörlichen Strom an Informationen, die auf uns permanent einprasseln, sich die Zeit zu nehmen, um in Stille bei sich und so verbunden mit dem großen Ganzen zu sein. An diesen lauen Frühlingstagen ist auch ein aufmerksamer Spaziergang durch die Natur hilfreich, um zur Ruhe zu kommen. Die Schöpfung, von den Mystikern als erste Bibel bezeichnet, kann uns Augen und Ohren des Herzens öffnen. Die Bildersprache der Schöpfung ist wie ein Fingerzeig auf das große Mysterium. Auch kann im Wort eines Mitmenschen eine Botschaft liegen, die uns Antwort auf eine Frage ist oder den Schritt in eine bestimmte Richtung weist. Es ist eine Erfahrung, die viele Pilger machen, dass ein Mensch, den du vorher nie gesehen hast und der gleich wieder aus deinem Leben tritt, ein solch hilfreiches Wort fallen lässt. Dieser große Schatz eröffnet sich uns aber nur dann, wenn wir uns bemühen, innerlich leer und offen zu werden. Das anhaltende Gehen kann diesen inneren Raum schaffen. Das bestätigt uns inzwischen die Psychotherapie. Es ist wohl diese Sehnsucht, die so viele Menschen zu Fuß quer durch Länder und Erdteile zu den spirituellen Kraftorten pilgern lässt. Alle großen Religionen beschreiben es als den Weg zu etwas, was als Erkenntnis, innerer Friede, Offenheit für Wachstum oder Kontemplation bezeichnet wird. Das Hören mit dem Herzen öffnet uns den Weg zum Mitmenschen und zum Göttlichen.

Willi Holzhammer, Diakon in Rum St. Georg

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