„Vielen Menschen fällt es wirklich schwer, Hilfe anzunehmen. Es ist eine große Aufgabe für unsere Gesellschaft, eine Kultur des Miteinander zu etablieren, in der man sich nicht ‚in der Schuld‘ von anderen fühlen muss, wenn man sich helfen lässt“, resümiert Sonja Prieth, Bildungsreferentin der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft und Mitarbeiterin im Projektleitungsteam „Sorgende Gemeinde im Leben und Sterben“. Diese Kultur der Sorge für kranke, alte und sterbende Menschen sowie ihre Angehörigen zu stärken, war ein zentrales Anliegen des Projekts, das in den vergangenen zwei Jahren viele Menschen im Raum Landeck bewegt hat.
Ein Projektteam der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft und der IFF Wien/Institut für Palliative Care und OrganisationsEthik hat gemeinsam mit BürgerInnen auf vielen Ebenen gewirkt und Impulse gegeben. „Wir haben Möglichkeiten der Vernetzung geschaffen und vor allem versucht, die Bevölkerung zu den Themen Krankheit, Alter, Gebrechlichkeit, Sterben, Tod und Trauer ins Gespräch zu bringen“, führt Projektleiter Klaus Wegleitner aus. Das ist auch gelungen, stellt Mathias Niederbacher, der Obmann des Sozialausschusses in der Stadtgemeinde Landeck fest, der das Projekt von Anfang an unterstützt hat: „Es hat sich viel getan in dieser Zeit. Ich merke, dass in der Bevölkerung über die Themen Pflege, Unterstützung von Angehörigen und darüber, was die Menschen in der letzten Lebensphase beschäftigt, mehr gesprochen wird. Viele kommen auch auf mich zu und sprechen mich auf die sehr positiv erlebten öffentlichen Veranstaltungen an“, erzählt er.
Ins Gespräch kommen, Informationen erhalten und Sorgen teilen: der Bevölkerungskurs „Vorsorgen, pflegen und gut leben bis zuletzt“
Wo und von wem bekomme ich in einer Pflege- und Betreuungssituation Hilfe? Welche Möglichkeiten der Vorsorge gibt es? Wie merke ich, wenn ein Mensch dem Sterben nahe ist? Diese und viele andere Fragen wurden im Frühjahr 2015 an vier Abenden im Rahmen des Bevölkerungskurses „Vorsorgen, pflegen und gut leben bis zuletzt“ im Alten Widum in Landeck behandelt. Der Kurs richtete sich an alle Bürgerinnen und Bürger. Doris Habicher, die Geschäftsführerin des Sozial- und Gesundheitssprengels Landeck-Zams-Fließ-Schönwies, hat die vier Kursabende moderiert. „Ich war überrascht und es hat mich sehr gefreut, welch große und positive Resonanz der Kurs in der Bevölkerung ausgelöst hat. Sehr verschiedene Menschen haben sich in einer offenen Atmosphäre ausgetauscht, ihre Ängste, Sorgen und Interessen eingebracht und von den ReferentInnen hilfreiche Informationen und Hilfestellungen erhalten. Viele Gespräche und Situationen haben mich berührt und auch mich haben die Abende sehr bereichert“, erzählt Doris Habicher.
Das Projekt endet – die Anliegen bleiben: Nachhaltigkeit
Das Projekt endet im Januar 2016 mit einer öffentlichen Abschlussveranstaltung im Stadtsaal Landeck. Erfreulicherweise wird die Stadtgemeinde die begonnenen Aktivitäten weiterführen und hat den Schwerpunkt „Sorgende Gemeinde“ im Budget mit 2.000 Euro dotiert. So kann zum Beispiel der Bevölkerungskurs wieder veranstaltet werden. Bürgermeister Wolfgang Jörg hat sich zudem sehr für weitere Schritte zur Sicherung der Nachhaltigkeit eingesetzt: „Gemeinsam mit den anderen Trägergemeinden haben wir die Anstellung einer Sozialarbeiterin im Sozial- und Gesundheitssprengel beschlossen, die zu den Menschen nach Hause geht, umfassend Beratung leistet und die Vernetzung der Hilfeangebote koordiniert.“
Ein sichtbares, bleibendes Ergebnis des Projektprozesses ist das vor kurzem im Studienverlag erschienene „Landecker Handbüchlein: Lebensklugheit in der Sorge“, verfasst von Patrick Schuchter, Mitglied des Projektleitungsteams. „Aus den Gesprächen mit Menschen in Landeck haben sich einige Themen herauskristallisiert, die es wert sind, beachtet und bedacht zu werden“, erzählt der Autor, der mit diesem Büchlein auch seine Wertschätzung für jene Menschen ausdrücken möchte, die Verantwortung für andere, schwächere Mitmenschen übernehmen: „Sie leisten viel und entwickeln dabei auch eine Lebensklugheit, die für andere wichtig sein kann.“
Auszeichnung für das Projekt
Am 28. Oktober 2015 wurde das Projektteam ausgezeichnet: Der Dachverband Hospiz Österreich (in Kooperation mit der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität und dem Bildungshaus St. Virgil Salzburg) lobt alle zwei Jahre den Hildegard-Teuschl-Preis für wissenschaftliche Leistungen und innovative Projekte in Hospizarbeit und Palliative Care aus. „Sorgende Gemeinde im Leben und Sterben“ bekam den dritten Preis zuerkannt. Eine schöne Anerkennung für alle, die mitgewirkt haben und auch in Zukunft dazu beitragen werden, Grundsätze einer „Sorgenden Gemeinde“ zu realisieren.
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