Elisabeth Draxl: Danken kommt von „denken an“

„Dankbarkeit ist das Gefühl, etwas Wertvolles erhalten zu haben, für das ich nichts getan habe, ein Geschenk.“ Elisabeth Draxl

„Es geht mir sehr, sehr gut“, sagt mir ein von seiner schweren Krankheit gezeichneter Patient auf unserer Hospiz- und Palliativstation. Das höre ich nur selten von gesunden Menschen. Neugierig und zugleich verwundert frage ich ihn, was es ausmache, dass er nach all den Phasen der Auflehnung, Kontrolliertheit, des Zornes nun so gelassen und zufrieden sei.„Es ist die Dankbarkeit, die mich offen und weich werden ließ: Dankbarkeit für das vergangene, gelebte Leben, Dankbarkeit für meine Lieben, die immer um mich sind, Dankbarkeit, dass ich keine Schmerzen habe und sich viele Menschen um mich sorgen und kümmern.“

Dankbar, wenn ich Nähe erleben darf

Dankbarkeit ist eine Haltung, ein Gefühl, etwas Wertvolles erhalten zu haben, für das ich nichts getan habe, ein Geschenk. Danken kommt von „denken an“: an jemanden Lieben, an etwas, das lebensbereichernd war.

Dankbar sein können ist ein tröstliches, kostbares und schönes Gefühl. Es gibt vieles, für das ich in meiner täglichen Arbeit dankbar bin. Für ein Innehalten und Verweilen bei einer Patientin/einem Patienten, für ein gelungenes Gespräch, wenn wir belastende Symptome mit Medikamenten lindern können, für eine Berührung. Ich bin dankbar für viele Gespräche, wenn ich am Krankenbett Nähe erleben darf, wenn kranke Menschen in ihrer Offenheit und Authentizität mich berühren und mich zugleich ermutigen, so sein zu dürfen, wie ich bin und werden kann. Ich erlebe Dankbarkeit, wenn ein Kind als Besucher auf der Station auf meinem Arm sitzt und lacht oder wenn ich beim gemeinsamen Singen Gemeinschaft spüre und erfahre, dass wir alle sterblich sind.

Was ist gelungen, was habe ich versäumt?

Und ich sage immer bewusst danke, wenn ich aus einem Zimmer – aus einem Zuhause – gehe: für die Gastfreundschaft, für das Vertrauen und die Nähe. Dank geht auch an unsere verstorbenen Menschen. Ich nütze oft die Gelegenheit, alleine eine Weile dort zu sitzen. Was ist gut gelungen, was habe ich versäumt? Danke, dass dieses Du sich uns anvertraut hat, sich fallen lassen konnte in unsere Hände und letztendlich wohl auch in Gottes Hände.

Elisabeth Draxl
Pflegedienstleiterin Tiroler Hospiz-Gemeinschaft

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