Bereits zum 10. Mal fand am Samstag, 30. Mai 2015 der Tiroler Palliativtag statt. Im Saal der Hypo Tirol versammelten sich Interessierte aus allen Teilen des Landes, die in Palliative Care tätig sind, und setzten sich mit der Sterbehilfedebatte auseinander. Die Vortragenden näherten sich dem Thema auf sehr unterschiedliche Weisen und gaben dem Publikum viele wertvolle Denkanstöße mit.
Elisabeth Zanon, die Vorsitzende der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft, eröffnete die Tagung und betonte, dass die Debatte rund um das Thema Sterbehilfe verantwortungsvoll und seriös geführt werden muss.
Elisabeth Medicus, die ärztliche Leiterin der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft, moderierte den Palliativtag und gab zu Beginn einen Überblick über die Begriffe, die in diesem Zusammenhang wichtig sind. Oft werden Begriffe wie aktive, passive, direkte und indirekte Sterbehilfe unscharf verwendet. Außerdem ist der Begriff „Sterbehilfe“ in sich missverständlich. Daher werden vermehrt alternative Begriffe verwendet, um medizinische Handlungen am Lebensende zu unterscheiden: Tötung auf Verlangen, Assistierter Suizid, Therapiebegrenzung, Therapien am Lebensende.
Patrick Schuchter, Krankenpfleger und Philosoph, zeigte in seinem Referat eindrucksvoll, was wir von der antiken Philosophie für die Sterbehilfe-Debatte lernen können. Zentrales Thema dabei war die Frage nach dem „guten Leben“ und danach, ob es wirklich „unerträgliches Leid“ gibt, oder ob Trost und eine Art von Glück auch in großem Leid möglich sind.
Michael Landau, der Präsident der Caritas Österreich, berichtete von der Arbeit der parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“ und hielt ein Plädoyer für eine solidarische Kultur einer sorgenden Gesellschaft.
Otto Gehmacher, der ärztliche Leiter der Palliativstation Hohenems, diskutierte in seinem Vortrag die häufig gestellte Frage, ob man mit palliativer Sedierungstherapie an der Grenze zur aktiven Sterbehilfe agiert. Ein wesentliches Kriterium dabei ist die Absicht, mit der eine Behandlung durchgeführt wird. Bei der palliativen Sedierungstherapie ist das Ziel eine möglichst gute Symptomkontrolle bzw. –linderung und NICHT der vorzeitige Tod des behandelten Menschen. Gehmacher hielt auch fest, dass eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführte palliative Sedierung nicht lebensverkürzend wirkt.
Sr. Barbara Flad ist in der Seelsorge im Krankenhaus Zams tätig. Sie sprach über „Die (Un-)Erträglichkeit des existenziell-spirituellen Schmerzes“. Dabei verwies sie auf den Ansatz des „Total Pain“, der Schmerz und Leid gemeinsam versteht. Existenziell-spirituelles Leid entsteht überall dort, wo sich ein Mensch in seiner Verbindung zu dem, was sein Leben trägt, bedroht oder abgeschnitten sieht.
Die Schauspielerin Claudia Widmann trug einen Erfahrungsbericht eines Mannes vor, der seinen Vater beim assistierten Suizid in der Schweiz begleitet hat und diese Möglichkeit befürwortet.
Helmut Schwamberger, Jurist und Ethiker, ging auf die in diesem Text vorgebrachten Argumente ein und beleuchtete ethische und rechtliche Aspekte in Zusammenhang mit der Debatte um assistierten Suizid und Tötung auf Verlangen. Er machte auch auf die ökonomische Dimension des Themas aufmerksam. Denn die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens führt beispielsweise schon dazu, dass in einzelnen US-Bundesstaaten in bestimmten Fällen eine Chemotherapie von der Versicherung abgelehnt wird, die Kosten für den assistierten Suizid aber übernommen werden.
Elisabeth Draxl, die Pflegedienstleiterin der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft, setzte sich in ihrem Vortrag mit dem Sterbewunsch auseinander, den viele Menschen im Laufe ihres Lebens einmal verspüren. Eine im Publikum durchgeführte Umfrage bestätigte, dass es besonders wichtig ist, tragfähige Beziehungen zu haben und von anderen Menschen ernst genommen zu werden, wenn man verzweifelt ist.
Zum Abschluss der Tagung trugen Geschäftsführer Werner Mühlböck und Elisabeth Draxl gemeinsam die offizielle Position der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft zur Sterbehilfedebatte vor. Diese steht hier zum Download zur Verfügung.
Caritas-Direktor Georg Schärmer, THG-Geschäftsführer Werner Mühlböck und THG-Vorsitzende Elisabeth Zanon. Eine klare Positionierung in der Sterbehilfedebatte ist Georg Schärmer, der auch Vorstandsmitglied der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft ist, ein ganz besonderes Anliegen.
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