Wer das Tageshospiz in der der Tiroler Hospizgemeinschaft in Hall betritt, dem sticht eines sofort ins Auge: die bunte Tagesdecke auf dem Sofa. Sie besteht aus vielen einzelnen farbigen gestrickten Quadraten. Jeder einzelne Fleck wurde von einer Patientin oder einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin des Tageshospizes gestrickt.
Das Tageshospiz bietet schwerkranken Menschen in der letzten Lebensphase eine spezialisierte Tagesbetreuung an. Es ist ein Ort, an dem sich Patientinnen und Patienten treffen und austauschen können.. Sie verbringen hier einzelne Tage. Es ist eine Abwechslung für die Patienten und eine Entlastung für die Angehörigen. Begleitet werden sie von medizinischen Fachkräften und ehrenamtlichen Hospizbegleiter*innen.
Der Tag beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück. Neben medizinisch-pflegerischen Maßnahmen wird danach die Zeit für verschiedene Aktivitäten genutzt. Was das ist, hängt vom Wetter bzw. der Lust und Laune der Patient*innen ab. Es gibt Angebote wie Basteln, Malen, Handarbeiten und Lesen. Wer möchte, kann sich an den Spieltisch setzen oder ins Wellness-Bad gehen. Man kann auch einfach rasten oder einen Spaziergang unternehmen.
Das multiprofessionellen Team kümmert sich um körperliche, seelische, soziale und spirituelle Bedürfnisse der Patient*innen. Mit dabei ist die ehrenamtliche Hospizbegleiterin Sieglinde Kaltenriner. Die pensionierte Kanzleiassistentin kommt seit zehn Jahren regelmäßig ins Hospiz und begleitet Patienten in ihrem Alltag: „Dabei weiß man nie, was einen heute erwartet“, so Sieglinde. Je nachdem, welche Vorlieben und Begabungen die Patienten haben, kann ein Kartenspiel, ein kleiner Ausflug oder etwas Kreatives am Programm stehen. Dabei ist heuer auch die Patchwork-Decke für das Sofa entstanden. Sieglinde erzählt: „Die Idee dazu entstand in der Gemeinschaft. Eine Patientin war eine leidenschaftliche Strickerin. Sie konnte aber keine größeren Sachen wie zum Beispiel einen Pullover mehr machen. Das hat sie traurig gemacht, denn sie wollte ihr Hobby auch in dieser letzten Lebensphase weiter ausüben. Kleine rechteckige Fleckerln waren jedoch möglich“. So wurde die Idee für die Decke geboren und das Strickprojekt begann. Bald waren acht weitere Frauen mit dabei. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten wuchsen die fertigen Flecken zu einem beeindruckenden Stapel an. Sieglinde: „Es war ein herrliches Miteinander. Zunächst wurde Wolle gesammelt und aus manchem Fundus kamen alte Schätze zu neuen Ehren“. Fortan klapperten die Stricknadeln. Unterbrechungen gab es nur zum Mittagessen oder zum notwendigen Fachsimpeln. In mühsamer Kleinarbeit wurden die Flecken schließlich gezählt, zusammengestellt und mit weißer Wolle zusammengehäkelt. So entstand die bunte Tagesdecke für das Sofa des Tageshospizes. Für Sieglinde dient sie nicht nur der Verschönerung: „Sie ist ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit von Menschen in einer herausfordernden Lebensphase. Sie ist ein Blickfang, sie schenkt Wärme und Geborgenheit“. Bei näherer Betrachtung werden die verschiedenen Muster ersichtlich: Jeder einzelne Fleck ist ein individuelles Einzelstück und erinnert an den Menschen, der ihn gestrickt hat.
Dieser Beitrag erschien am 21.12.2020 als Gute Geschichte in der Tiroler Tageszeitung.
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