Um Normalität ringen – Über die Pflege von Menschen am Lebensende in der Familie

Univ.-Ass. Mag. Christiane Kreyer forscht an der UMIT in Hall in Tirol und  spricht über ihr Forschungsprojekt zur Pflege von Menschen am Lebensende in der Familie.

Kannst Du kurz beschreiben, wo der Schwerpunkt Deiner Forschungsarbeit zur Pflege von Menschen am Lebensende in der Familie liegt?

Christiane Kreyer:
„Mein Schwerpunkt sind die Familien selbst. Familien leisten ja sehr viel, damit ein Mensch in der letzten Lebensphase daheim sein kann. Zugleich wissen wir, dass Familien in dieser Situation oft sehr belastet sind. Angehörige werden krank, sind psychisch belastet oder die finanziellen Belastungen werden zu groß. Trotzdem gibt es viele Angehörige, die jemanden zu Hause alltäglich pflegen, weil sie einen Sinn dahinter sehen.

Mein Forschungsschwerpunkt ist:
• Wie meistern die Familien diese Situation?
• Wie bewältigen Sie diese große Herausforderung in ihrem Alltag?
• Welche Ressourcen nutzen Sie?
• Was ist wichtig, was schwierig?

Mein Ziel ist es, dass auf Basis meiner Ergebnisse, die Unterstützung der betroffenen Familien noch besser auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten wird.“

Mit welchen Problemstellungen sind die pflegenden Angehörigen zumeist konfrontiert?

Christiane Kreyer:
„Ich versuche in meiner Arbeit den Blick nicht nur auf die Probleme und Belastungen zu richten, sondern eher die alltäglichen Herausforderungen in den Mittelpunkt zu rücken. Und in diesem Zusammenhang tritt immer ein Punkt in den Vordergrund: Die Angehörigen müssen nicht nur für den Kranken da sein und alles rund um seine Pflege organisieren, sondern sie müssen auch den familiären Alltag aufrechterhalten. Es gibt vielleicht Kinder, die zur Schule müssen oder ein Geschäft, das weiter aufsperren muss. Ganz viel Energie ist dafür notwendig, in all diesen Bereichen Stabilität zu finden. Insbesondere da die letzte Lebenszeit immer eine sehr instabile Zeit ist, in der sich von einem Augenblick zum anderen alles ändern kann.“

Inwieweit können Einrichtungen, wie das Mobile Team, hier entlastend wirken?

Christiane Kreyer:
„Die Interviewten heben immer hervor, dass das „Einfach-Da-Sein“ des Mobilen Teams und der ehrenamtlichen HospizbegleiterInnen so wichtig ist. Die Gespräche werden als äußerst hilfreich erfahren. Zugleich ist die 24h Erreichbarkeit eine wesentliche Stütze für die Betroffenen. Den Angehörigen wird auf Augenhöhe begegnet und sie werden als ExpertInnen wahrgenommen.“

Was braucht es, damit die Betreuung und Pflege von Menschen am Lebensende gelingen kann?

Christiane Kreyer:
„Ich frage die Angehörigen oft, warum Sie mit mir ein Interview führen. Sie sagen dann immer, dass sie der Gesellschaft sagen möchten, wie wichtig dieses Thema ist. Ich glaube, es bräuchte einfach mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Wertschätzung dieser so wichtigen Sorgearbeit. Und natürlich bräuchte es mehr Unterstützungsangebote, wie das Hospiz.“

Welche größten Herausforderungen und Verbesserungsmöglichkeiten siehst Du für die Zukunft?

Christiane Kreyer:
„Derzeit ist es so, dass das Unterstützungsangebot für Krebspatienten schon recht ausgereift ist. Im Gegensatz dazu ist die Hilfe für chronisch Kranke und alte Menschen, auch mit Demenz, noch zuwenig vorhanden. Die Herausforderung für die Zukunft ist sicher, dass das Unterstützungsangebot für diese Familien verbessert wird. Zugleich braucht es auch neue Modelle zur Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und der Pflege eines nahen Angehörigen.“

Christiane Kreyer referierte beim Palliativforum im Juni 2014 zu diesem Thema.

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