Die vielen Dinge, die du tief versiegelt
durch deine Tage trägst in dir allein,
die du auch im Gespräch nie entriegelt,
in keinem Brief und keinen Blick sie ließest ein, ..
Das Geheimnis von Weihnachten, gut dass es nicht das Rätsel von Weihnachten heißt.
Rätsel haben die Eigenschaft, dass sie eine Lösung beinhalten. Und allzu oft verwechseln wir die beiden, weil wir schlicht und einfach gewohnt und sehr geübt sind Rätsel oder Probleme zu lösen.
Dann begegnet uns ein Geheimnis, Unsicherheit kommt auf, gefolgt von der scheinbaren Hilfestellung im wissenschafts-orientiertem Denken unserer Tage.
Der Geist des Geheimnisses
In unserer Haltung zu leidenden Menschen ist der Geist des Geheimnisses von immenser Bedeutung.
Vielleicht ist einer der Gründe warum Menschen, am nahen Ende ihres Lebens, zu Hause bleiben möchten, da sie dort eine höhere Chance haben ihre Geheimnisse be-wahren zu dürfen.
Institutionelle Betreuung beinhaltet immer auch die Gefahr der Entblößung. Sowohl auf psychischer, sozialer, pflegerischer und medizinischer Seite wird gerätselt und gelöst. Kindheittraumen entdeckt, finanzielle Missstände aufgespürt, verheimlichte Wunden dokumentiert und Krankheitsverläufe diagnostiziert… . Und das nicht von Angesicht zu Angesicht sondern Miteinbeziehung eines breiten Publikums an „Helfern“.
Die Sehnsucht nach dem inneren Raum
Menschen brauchen neben Hilfe-Stellung und Bei-Stand einen verborgenen und unverfügbaren inneren Raum, an den sie sich zurückziehen können und der nur von geladenen Gästen betreten werden kann.
Und dann kann es sein, dass wir nicht die Hirten, Schafe, Esel, Ochs oder Weisen an der Krippe zu Weihnachten sind, sondern dass es für uns ein Geheimnis bleibt. Und genau dieses Geheimnis beinhalte aber das Wissen der Verbundenheit (geheim stammt von „zum Haus gehörig, vertraut“).
Gewissheit ist umgekehrt proportional zum Wissen (Irvin Yalom, Die Couch, 1999, S.217).
Und so sind wir aufgefordert in der Betreuung mit leidenden Menschen, uns kein Bild zu machen im Sinne von schablonisieren und sie dadurch zu ent-eignen. Zu widerstehen „hinter“ die Geheimnisse oder ihnen „auf die Schliche“ zu kommen.
Vielleicht ist viel mehr Staunen angesagt über das Wunder-bare Geheimnis das jedem Menschen innewohnt. Und dann kann auch die Verbundenheit spürbar werden, da wir alle ja auch Geheimnisträger unserer eigenen verborgenen Schätze sind.
… die schweigenden, die guten und die bösen,
die so erlittenen, darin du gehst,
die kannst du erst in jener Sphäre lösen,
in der du stribst und endend auferstehst.
Gottfried Benn, Epilog I-V