Das Leiden, die Schmerzen nicht be-schönigen, sondern dieser Realität das Schöne, den anderen Aspekt des Lebens entgegenhalten – das war das Ziel von Elisabeth Draxl, die beim Palliativforum am 10. Dezember 2009 referierte. „Wahrnehmung und Schönheit in Palliative Care“ hatte sie ihren Vortrag genannt und damit im KollegInnenkreis schon im Vorfeld für Gesprächsstoff gesorgt. Die Pflegedienstleiterin der Hospiz- und Palliativstation der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft gewährte dem Publikum dann auf vielfältige Weise Einblick in ihre Haltung – mit passender Raumdekoration, Bildern, Literaturzitaten, Musik und fundierten fachlichen Ausführungen schuf sie den Rahmen für eine ganzheitliche Betrachtung dieses Themas.
Zeit für den Augenblick des Lebens
Elisabeth Draxl zitierte den Philosophen Martin Seel, der ästhetische Wahrnehmung mit einer besonderen Art der Zeiterfahrung verbindet: „Seel sagt, dass die ästhetische Wahrnehmung denen, die sich ihr überlassen, Zeit für den Augenblick des Lebens verschafft. Ist das nicht eine wunderschöne Beschreibung dessen, was wir in unserer eigenen Lebens- und Begleithaltung in der Hospizarbeit übernehmen können?
Bedeutet dies doch existenziell leben, im Bewusstsein der Unwiederbringlichkeit, der Einmaligkeit des Augenblicks des Lebens.“
Welche Rolle Ästhetik in Palliative Care spielen kann, zeigte Elisabeth Draxl anhand von vielen Fotos der Hospiz- und Palliativstation. „Es ist nicht egal, welche Bilder im Zimmer hängen, ob eine verwelkte Blume am Nachttisch steht oder eine alte Bettwäsche verwendet wird, oder Unordnung herrscht. Das ist lieblos und zeugt von Gleichgültigkeit.“ Schönheit manifestiere sich nicht nur in Dingen, sondern auch zum Beispiel in Ritualen – gerade religiöse Rituale sind dafür ein gutes Beispiel.
Ästhetik als menschliches Grundbedürfnis
Nach dem Vortrag diskutierte die Referentin mit dem Publikum über eigene Erfahrungen aus verschiedenen Arbeitskontexten. Dabei wurde unter anderem deutlich, dass die Umgebung, in der kranke Menschen betreut werden, nicht nur auf die PatientInnen Auswirkungen hat, sondern auch auf das Betreuungspersonal. Am Ende des Abends stellten einige BesucherInnen des Palliativforums fest: Ästhetik ist kein Luxus, sondern ein menschliches Grundbedürfnis. Und hat damit auch einen festen Platz in Palliative Care.