Wir leben in einer Zeit, in der die Erwartung herrscht, dass die Medizin alles kann. Wie schwer fällt es anzunehmen, wenn man nichts mehr machen kann.
Diese Situation erlebt Elisabeth Medicus oft. Seit 12 Jahren ist sie die ärztliche Leiterin der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft. In den letzten Jahrzehnten hat sich in der Medizin viel getan. Schmerzen und viele andere körperliche Leiden wie Atemnot oder Übelkeit können gut behandelt oder gelindert werden.
Zeit zum Sterben
„Dennoch sind wir im Hospiz oft in der Situation das auszusprechen, was niemand hören möchte. Nämlich, dass wir nichts mehr machen können, die Krankheit aufzuhalten. Wir müssen dann aussprechen: dass es Zeit zum Sterben ist“, meint Elisabeth Medicus nachdenklich.
„Wir im Hospiz haben neben einer guten medizinischen Begleitung die Aufgabe, die eigene Ohnmacht anzunehmen. Sie nicht zu leugnen. Wir müssen auch aushalten können, auf Fragen keine Antwort zu haben.“
Raum für Schweigen
In schöner Erinnerung ist ihr ein Gespräch mit einem Patient auf der Hospiz- und Palliativstation über seine Schmerztherapie. „Während ich vor seinem Bett gestanden bin, ist ein Raum entstanden, in dem er und ich nichts gesagt haben, ein Raum des Schweigens. Nach einer längeren Zeit sagte er dann einfach nur: ‚Sterben – Sterben‘. Auf meine Frage was er damit meint, antwortete er mir: ‚Ich glaube, es wäre jetzt gut sterben zu können‘“. Erst in diesem Raum des Schweigens, im Aushalten, keine Antwort zu haben, konnte dieser Mann seine eigenen Gefühle ausdrücken.
So ist die Hospizbewegung für Elisabeth Medicus auch ein Gegenentwurf zum herrschenden Zeitgeist. Denn das Sterben ist für sie in den allermeisten Fällen weder schön noch schrecklich. „Es entzieht sich der Planbarkeit und auch der Beherrschbarkeit. Und es darf auch offen und unfertig bleiben.“