Siegfried und Maria lernten sich als Patient*innen auf der Hospiz- und Palliativstation kennen. Beide verband ihre Spontanität, ihre Liebe zur Kunst und ihre große Fähigkeit, das Besondere an jedem Tag zu entdecken und auszukosten.
Maria, die eine leidenschaftliche Fotografin war, hatte den Einfall, einen Ausflug in die Berge zu machen, um dort zu fotografieren. Da es im Frühling noch einmal einen Kälteeinbruch gab und ein Fotografieren mit klammen Fingern kein wirkliches Vergnügen darstellt, wurde die Idee geboren, einen Ausflug nach Locherboden zu organisieren, wo die Sonne bereits im Frühling gut wärmt und die Berge zum Greifen nah erscheinen.
Siggi, der das Mieminger Plateau wie seine Westentasche kannte, war sofort Feuer und Flamme – und so wurde eine Wunschfahrt für die beiden dorthin organisiert.
An einem sonnigen Frühlingstag mit strahlend blauem Himmel war es dann so weit. Bereits um halb acht saßen Maria und Siggi erwartungsvoll im Gemeinschaftsraum und freuten sich auf ihren gemeinsamen Ausflug. Pünktlich um 11 Uhr kamen Miriam und Gottfried von den Maltesern, um die beiden Ausflügler mit ihrem komfortablen Bus abzuholen und zu begleiten.
Die erste Station war Locherboden. „Genau genommen heißt der Wallfahrtsort ja Maria Locherboden“ erklärte Siggi mir im Nachhinein und schilderte mit Begeisterung, was sie an diesem Tag so alles erlebt hatten. „Geplant wäre gewesen, dass wir bis ganz nach oben fahren, aber dann gab es eine unvorhergesehene Wendung. Wegen Feldräumungsarbeiten versperrte ein Stein den Fahrweg nach oben, sodass wir den Berg zu Fuß, bzw. mit dem Rollstuhl bewältigen mussten.“ Zum Glück waren die Malteser dabei“, schmunzelte Maria, „sonst wäre ich wohl nicht hinaufgekommen.“
Die Mühen des Aufstiegs haben sich auf jeden Fall gelohnt. Von oben hatten die beiden einen wunderbaren Blick auf die Berge, die Siggi gleich fachkundig mit Namen nannte. Siggi und Maria besuchten die Kirche und später auch noch die Kapelle. Dabei entzündeten sie so manche Kerze.
Nach dem Besuch in Locherboden ging es wie geplant weiter zu Stöttl-Alm. Diese liegt am Fuße der imposanten Mieminger Kette.
Fotomotive gab es jede Menge, sodass Maria viele schöne Bilder machen konnte. Auf der Stöttl-Alm erwartete sie dann eine große Überraschung: Zwei Freunde von Siggi waren bereits vor Ort, hatten seine Gitarre mitgebracht und spielten dann mit ihm für Maria auf. Wie wir von Insidern wissen, „war es wirklich ein cooles Konzert“.
Maria und Siggi verbrachten eine schöne Zeit auf der Stöttl-Alm und bekamen auch etwas Gutes zu essen und zu trinken. Von Gottfried und Miriam fühlten sie sich gut begleitet und aufmerksam betreut.
Gegen 16 Uhr traten sie die Fahrt zurück ins Hospizhaus an. „Am Ende waren wir fix und fertig“, erzählte Siggi mit einem verschmitzten Lächeln. „Aber das war es uns wert. Denn wir haben diesen Tag von der ersten bis zur letzten Sekunde genossen.“
13 Tage später traten die beiden ihre letzte Reise an. Sie starben am selben Tag, nur zehn Stunden voneinander entfernt.
Petra Hillebrand, Sozialarbeiterin
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Foto: Tanja Danninger