Abschied braucht Erinnerung – Postbeamter i.R.

Wir sitzen beim Tisch und unterbrechen immer wieder sein Schweigen. Dann unvermutet wächst aus seinem Mund die lange Geschichte unseres Dorfes.

Postbeamter i.R.

Er hat niemanden mehr gegrüßt an der Bushaltestelle, sein Bart überwucherte das Gesicht, die Finger braun. Er rauchte unentwegt. Aufgeschwemmt von den Medikamenten, es gab zu viel zu heilen. An einem Wintertag schleppte ein Mann ein großes unförmiges Ding über die Felder in unser Haus. Fünf Krippenberge hat er kunstvoll gebaut und einen machte er uns zum Geschenk. Wir sitzen beim Tisch und unterbrechen immer wieder sein Schweigen. Dann unvermutet wächst aus seinem Mund die lange Geschichte unseres Dorfes. Man sagt, er sei eines natürlichen Todes gestorben mit dem Gesangsbuch in der Hand. Am offenen Sarg stehe ich und glaube es. Nun trägt ein gar nicht so alter Hirte seinen Namen und wir geben ihm Platz in der Weihnachtsgeschichte. Wir sind nur Gast auf Erden
und wandern ohne Ruh
mit mancherlei Beschwerden
der ewigen Heimat zu

Eine kurze Erklärung der Erinnerungsminiaturen finden Sie im ersten Tagebuch Beitrag zum Thema „Abschied braucht Erinnerung“

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